Orle im Winsener Schatzregister von 1450

Das älteste uns heute noch vorliegende Register, in dem erstmals auch die Hofbesitzer namentlich erwähnt werden, ist das aus dem Jahre 1450 stammende „Winsener Schatzregister“, dessen Original im Stadtarchiv Lüneburg verwahrt wird. Dieses Schatzregister dokumentiert die Aufbringung des Landschatzes, worunter so was wie eine Grundsteuer zu verstehen ist, so dass darin die von den jeweiligen Hofbesitzern eines Dorfes zu zahlenden Steuern erfasst wurden. Dies passierte getrennt nach Vogteien und Ämtern. Im Original besteht das Schatzregister aus mehreren zusammengefügten Blattsammlungen der verschiedenen Vogteien. 

Orle ist darin unter zwei verschiedenen Vogteien aufgeführt, da die Höfe unseres Dorfes unterschiedlichen Stellen gegenüber schatzpflichtig (= steuerpflichtig) waren. Unter der Bezeichnung „In deme Sunderghude“ sind unter Orle die Hofbesitzer „Reder“ mit „1 pl dt.“ (= 1 Plog = Hof) und „nunc Titeke“ mit „kh“ (= kleine Cote) aufgeführt. „Sunderghude“ bedeutet „Sondergut“, was auf eine gesonderte Stellung dieses Bezirks hinweist. Das Sondergut *1) wurde im Schatzregister unter „In der Vogedie to Bynenbuttell“ – in der Vogtei Bienenbüttel – aufgefühgt, da es verwaltungsmäßig zu dieser Vogtei gehörte. Die zum Sondergut gehörenden Höfe unterstanden nicht der Gerichtsbarkeit der Landgerichte, sondern direkt dem Amt Winsen/Luhe und damit dem Herzog. Alle außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der eigentlichen Vogtei Bienenbüttel liegenden Höfe, die von dort aus verwaltet wurden, gehörten demnach wohl zum „Sondergut“, darunter auch zwei Höfe aus Orle. *2) 

Die anderen drei Höfe im Dorf sind unter dem „Register des schattes In dem Gho to Ebbekestorppe“ – Register des Schatzes im Goh Ebstorf - erfasst worden. Dies sind die Hofbesitzer „Ludeke Reders“ mit 1 Plog, „Hilmer wichtendalsz“ mit ½ Plog dt. 1 Mark und „Hilmer oltwerdes“ mit 1 Plog dt. 2 Mark.

Im Original des Schatzregisters stehen oberhalb von Orle die sechs Höfe in Bredenlo (Breloh) und davon etwas abgesetzt „De meyger van koldenbiszenpingk ½ Plog“ – der Meyer von Kohlenbissen mit einem ½ Hof. In dem Buch von Pastor Meyer über das Winsener Schatzregister, auf das wir noch zurückkommen werden, wurde der Kohlenbissener Halbhof Breloh zugeordnet, was natürlich nicht richtig ist. Durch den Abstand im Original wurde m. E. kenntlich gemacht, dass es sich hier um einen Einzelhof handelt.

*1) Sunderghude / sundergud / sundergut / sundergot = Sondergut, eigenes Vermögen  mnd_s (koeblergerhard.de)  ›sondergut‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS 

*2) Quelle über Sunderghude/Sondergut  Geschichte der Amtsvogtei: von den Anfängen bis zur Auflösung 1795 - Holger Runne - Google Books 

Schauen wir uns nun zunächst die Originaleinträge von Orle im Winsener Schatzregister näher an, die wir hier mit freundlicher Genehmigung des Lüneburger Stadtarchivs zeigen dürfen. Dieses Archivgut ist Eigentum des Stadtarchivs Lüneburg. Ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Stadtarchivs dürfen diese Abbildungen nicht gespeichert, reproduziert, archiviert, dupliziert, kopiert, verändert oder auf andere Weise genutzt werden. 

In deme Sunderghude / Im Sondergut

© Stadtarchiv Lüneburg - StadtALg-AB-74a1

© Stadtarchiv Lüneburg - StadtALg-AB-74a1

© Stadtarchiv Lüneburg - StadtALg-AB-74a1

Orle

Reder     1 pl dt. (= 1 Plog = Hof)

nunc Titeke „kh“ (= kleine Kate)

Register des schattes In dem Gho to Ebbekestorppe“ / Register des Schatzes im Goh Ebstorf

© Stadtarchiv Lüneburg - StadtALg-AB-74a1

© Stadtarchiv Lüneburg - StadtALg-AB-74a1

© Stadtarchiv Lüneburg - StadtALg-AB-74a1

Orle

Ludeke Rederß  *1)         1 Plog

Hilmer wichtendalsz    ½ Plog dt. 1 Mark

Hilmer oltwerdeß         1 Plog dt. 2 Mark 

*1) Der erste Buchstabe ist eigentlich ein "P", also "Pederß". Es ist aber davon auszugehen, dass der Schreiber einen Schreib- oder Hörfehler begangen hat und "Rederß" richtig ist.

Das Winsener Schatzregister als Buch

Angeregt durch das Buch „Der Bardengau“ von Staatsminister Wilhelm Karl Konrad Freiherr von Hammerstein-Loxten, auf das ich hier später noch ausführlich eingehen werde, wurde im Jahre 1891 von dem in dem Dorf St. Dionys (heute ein Ortsteil der Samtgemeinde Bardowik) an der St. Dionysiuskirche tätigen Pastor Theodor Meyer das Buch „Das Winsener Schatzregister“ herausgegeben. Dieses Schatzregister dokumentiert die Aufbringung des Landschatzes, worunter so was wie eine Grundsteuer zu verstehen ist. In seinem Vorwort schreibt Meyer, dass er mit seinem Buch erreichen will , dass der Inhalt des aus dem Jahre 1450 stammenden Schatzregisters erhalten bleibt, da es „für die Beurtheilung der ländlichen Zustände des Fürstenthums Lüneburg in hohem Grade bedeutsam ist.“ Im Buch befasst sich Meyer ab Seite 148 (Online-Seite 152) neben den Ortsnamen auch mit der Geschichte der Familiennamen, die im Winsener Schatzregister erstmals erfasst wurden.

Auf der Seite 151 (Online 155) werden die im Schatzregister aufgeführten Maßeinheiten erläutert. Unterteilt wurde nach der Größe der Höfe. Ein Vollhof wird im Schatzregister als „Plog“ und ein Halbhof als „½ Plog“ und in den Dörfern des heutigen Wendlandes als „Haken“ bezeichnet. Kleinere Höfe wurden als Coten, kleine Coten und Anbauerstellen oder im wendischen als Cossatorstellen“ registriert. Der sächsische Pflug (plog) enthielt 2 sächsische „Hufen“, was 60 Morgen entsprach.

Der wendische „Haken“ enthielt 2 wendische „Hufen“ ( = 30 Morgen). Ein halber Pflug waren also eine Hufe oder 30 Morgen. Der wendische Haken entsprach demnach einem halben sächsischen Pflug. Die Abkürzung „kh“ wird von Pastor Meyer als Bezeichnung für „kleine Coten“ - siehe Seite 151/(155) im Buch - gedeutet.

Das Schatzgeld betrug für einen Plog (= Hof) 2 Mark, für einen ½ Plog 1 Mark, für eine Cote waren es 8 Schillig und etwas weniger - 6 Schilling - für eine kleine Cote. Ausführliche Informationen dazu findet man im „Ersten Capitel“ des Buches. 

Da Meyer in seinem Buch sämtliche Einträge aus dem Winsener Schatzregisters von 1450 originalgetreu übernommen hat , findet man auch dort „Orle“ zweimal, zuerst auf der Onlineseite 28/Buchseite 24 = 28 : 24. Dort sind die Hofbesitzer „Reder“ mit „1 pl dt.“ (= 1 Plog = Hof) und „nunc Titeke“ mit „kh“ (= kleine Cote) aufgeführt.

Das zweite Mal auf der Onlineseite 93/Buchseite 89 = 93 : 89, wo unter „Orle“ die Hofbesitzer „Ludeke Reders“ mit 1 Plog, „Hilmer wichtendalsz“ ½ Plog dt. 1 Mark und „Hilmer oltwerdes“ mit 1 Plog dt. 2 Mark aufgelistet sind.

Demnach gab es in Orle im Jahr 1450 fünf Höfe. Drei davon waren Vollhöfe, einer war ein Halbhof und einer wurde als „kleine Cote“ bezeichnet. Die beiden Hofbesitzer mit Namen „Reder“ und „Reders“ dürften miteinander verwandt gewesen sein – wahrscheinlich waren es Vater und Sohn. Wir erinnern uns, dass die Entstehung der Nachnamen in Norddeutschland mit dem 13. Jahrhundert begann, also in der Zeit, als das Winsener Schatzregister entstand. Zu dieser Zeit war diese Entwicklung in den ländlichen Regionen der Lüneburger Heide und des Wendlandes aber noch nicht abgeschlossen, wie Meyer im „Ersten Capitel – Verfasser, Einrichtung und Umfang des Registers“ seines Buch – ab Buchseite 148 (Online 152) – erwähnt.

Das Buch findet man online beim Göttinger Digitalisierungszentrum, das von der SUB - Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen – betrieben wird, und wo es über den ersten Link eingesehen werden kann. Anhand der Seitenangaben können die gewünschten Seiten schnell aufgerufen werden. Es kann aber auch zusätzlich im DFG-Viewer betrachtet werden. Den Link dorthin findet man unter dem Button „Export“. Über die beiden hier aufgeführten Links zum DFG-Viewer werden jeweils die Seiten aufgerufen, auf denen Orle zu finden ist.

Das Winsener Schatzregister | GDZ (uni-goettingen.de)

Orle 1 über DFG-Viewer Winsener Schatzregister - gdz.sub.uni-goettingen

Orle 2 über DFG-Viewer Winsener Schatzregister - gdz.sub.uni-goettingen  

Wer waren die Menschen, die 1450 in Orle wohnten?

Nachdem Pastor Meyer in seinem Buch auf die Entstehung der Nach- bzw. Familiennamen hinweist, die in unserer Region zur Zeit des Winsener Schatzregister entstanden sind, schauen wir doch mal, ob uns die darin unter Orle festgehaltenen Namen, etwas über die Menschen verraten, die damals hier lebten. Mit Hilfe der Website „Deutsche-Nachnamen.de“, deren Texte wir hier mit freundliche Genehmigung des Herausgebers übernehmen dürfen, habe ich dabei folgendes herausgefunden: 

Reder / Reders

Zum Namen „Reder“ finden wir dort folgende Hinweise:

aus einer verschliffenen Form der alten deutschen Rufnamen Rarheri, Retheri zu althochdeutsch rîki (mächtig, reich) + heri (Kriegsschar, Heer) entstandener Familienname; auch Berufsname zu mittelhochdeutsch rëder (Mehlsieber, Mühlknecht); auch niederdeutscher Berufsname zu mittelniederdeutsch reder (Ausrüster, Reeder); auch Übername oder Amtsname zu mittelhochdeutsch redære, redenære (Redner, Schwätzer; Anwalt vor Gericht, Verteidiger); auch Übernamen zu mittelniederdeutsch rader (Berater).

Im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm gibt es zwei Einträge zu Reder:

  1. Reder = der da siebt
  2. Reder = Redner, der über etwas spricht, im gerichtlichen oder im gewöhnlichen. 

   ›reder‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS

Im Mittelniederdeutschen Wörterbuch von Gerhard Köbler gibt es dazu folgende Einträge:

Reder von mnd rēdære  = Reder, Redner, Sprechender , denkbar wäre aber auch von mnd. rēderen = sieben (z. B. Mehl sieben)  mnd_r (koeblergerhard.de)

Melreder / melredaere = Mehlsieber, Mehlsichter, Beutler    mnd_m (koeblergerhard.de)

Da hier mittelniederdeutsch gesprochen wurde, dürfte die Bedeutung „Ausrüster“ oder eventuell auch „Berater“ am wahrscheinlichsten sein. 

Und zum Namen „Reders“:

patronymische Bildung zu Reder - (patronymisch = ein vom Vornamen des Vaters abgeleiteter Name)

Während der Vater nur den Vornamen „Reder“ trug, wurde dieser Name wahrscheinlich als „Reders“ zum Nachnamen des Sohnes, der zur besseren Unterscheidung wahrscheinlich noch den Vornamen „Ludeke“ erhalten hatte. Dieser Vorname dürfte von „Ludwig“ oder „Ludolf“ abgeleitet sein. Hinweise dazu finden wir unter dem Nachnamen „Lüdeke“ bei „Deutsche-Nachnamen.de“:

Lüdeke / Lüddecke / Lüdicke / Lüdke / Lüdtke / Luedtke / Lüdcke / Lüddeckens:

aus einer mit dem Suffix -k gebildeten Koseform von Ludolf oder von Ludwig hervorgegangene Familiennamen 

Auffällig sind für uns zwei Bedeutungen:

Zum einen die Bedeutung "der da siebt", also die des Mehlsiebers bzw. des Mühlknechts, was auf einen Bezug zu der um diese Zeit wahrscheinlich in Orle vorhandenen Mühle hindeuten würde. Auf einen Müller weisen dagegen die alten Flurnamen "Mahlers Kamp", "Bei Mahlers Kamp" und "Mahlers Immhäge" sowie "Möller Moor / Müllermoor" hin. 

Mahler = der da mahlt oder Mahlgast  ›mahler‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS     ›mahlgast‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS

Möllaere = Möller, Müller  mnd_m (koeblergerhard.de)

Zum anderen wäre aber auch die Bedeutung des Redners denkbar, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass dies der Sprecher des Dorfes war. Insofern kommen die Namen Reder und Reders nur als die Besitzer der beiden Vollhöfe in Frage (Höfe 4 und 5). Mit großer Sicherheit war der Hof 4 der eigentliche Familienhof, während (der Sohn) Ludeke Reders den Hof 5 um 1450 nur als Interimswirth *1) inne hatte. Dies ist deswegen zu vermuten, da der Name Reders nur dieses eine mal - also nur im Winsener Schatzregister - in Orle erwähnt wird. Der Hof 5 wird danach von Cord bzw. Cordes bewirtschaftet.

*1) Interimswirth = Übergangsbewirtschaftung durch einen eingesetzten aus dem Dorf. Das passierte, wenn der eigentliche Besitzer zur Zeit nicht in der Lage zur Bewirtschaftung war. 

Titeke

Weiter finden wir im Schatzregister unter Orle den (Vor-)Namen „Titeke“ dem das lateinische Wort „nunc“ (= nun, jetzt, zu diesem Zeitpunkt) vorangestellt wurde, was laut Meyer für „nunc scriptus“ (= jetzt geschrieben) steht und womit im Schatzregister darauf hingewiesen wurde, dass dieser Hof, in einem früheren Register unter einer anderen Person oder einem anderen Namen erfasst worden ist. Anscheinend hat hier um 1450 ein Besitzerwechsel stattgefunden. Frühere Register liegen uns aber heute nicht mehr vor.

Zum Namen „Titeke“ finden wir bei „Deutsche-Nachnamen.de“ keinen direkten Eintrag. Allerdings gibt es ähnliche Namen, die sich alle von „Tied“ bzw. „Tiede“ und damit von „Dietrich“ herleiten:

aus einer niederdeutschen Koseform von Rufnamen, die das Namenwort thiad enthalten (im Allgemeinen Dietrich), entstandene Familienname 

Tiedchen / Tiedecke / Tiedecken / Tiedeke / Tiedeken / Tiedicke:

aus einer Erweiterung mit dem Suffix -chen/ -ecke/ -ecken/ -eke/ -eken/ -icke von Tied entstandene Familiennamen 

Demnach dürfte für unseren „Titeke“ auch die Herleitung von „Dietrich“ zutreffen. Das er noch keinen Nachnamen hatte deutet vielleicht auf seine niedere Stellung hin, zumal er im Dorf den kleinsten Hof bewirtschaftete, wie aus dem Eintrag „kh“ (= für kleine Cote) im Schatzregister hervorgeht. Bei den niederen Ständen entstanden die Nachnamen zuletzt. 

Anders als „Titeke“ haben die beiden nächsten Dorfbewohner nicht nur einen Vornamen, sondern sogar den gleichen - „Hilmer“. Der früher auch als „Hilmar“ sehr beliebte Vorname ist laut Wikipedia abgeleitet vom germanischen „Hildemar“, was mit „kampfberühmt“ übersetzt wird. Später wurde aus diesem Vornamen dann ein Nachname, so dass er auch bei „Deutsche-Nachnamen.de“ mit dieser Herleitung zu finden ist:

Hillmer / Hilmer: aus dem alten deutschen Rufnamen Hildemar zu althochdeutsch hilt(i)a, hiltja (Kampf) + zu althochdeutsch mâri (bekannt, berühmt, angesehen) hervorgegangene Familiennamen.

Doch um 1450 war Hilmer noch ein beliebter Vorname, der im kleinen Orle gleich zweimal vorkam. 

Wichtendahl

Der Nachname „wichtendalsz“ ist bei „Deutsche-Nachnahmen.de“ nicht erfasst. Da er sich aber aus den dort erwähnten Nachnamen „Wicht“ und „Dahl“ zusammensetzt, kann man die Namensherkunft darüber herleiten.

Wicht: Übername zu mittelhochdeutsch wiht (Geschöpf, Wicht, Kobold, Zwerg); auch Herkunftsname zu dem Ortsnamen Wichte (Niedersachsen, Hessen)

Dahl: Wohnstättenname zu mittelniederdeutsch dãl (Tal) für jemanden, der im Tal wohnte; auch Herkunftsname zu den in Nordwestdeutschland häufigen Ortsnamen Dahl, Dahle. 

Hilmar – Wikipedia

›wicht‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS

Wicht, der - Zeno.org

mnd_d (koeblergerhard.de) d = dal(e) = Tal, zu Tale, nieder, herunter, hinunter, abwärts, flussabwärts, unten 

Ob der Name etwas mit der Körpergröße von „Hilmer Wichtendalsz“ zu tun hatte, ist wohl eher unwahrscheinlich. Denn die Bezeichnungen „Wichtendahl" oder „Wichtenthal“ deutet eher auf eine Flurbezeichnung hin. Die ursprüngliche Herkunft aus einem Ort in einem Tal ist anzunehmen. Denkbar wäre aber auch ein lokaler Bezug, auf den ich gleich noch eingehen werde. 

Oltwerdes

Erst noch zum Nachnamen „oltwerdes“. Den findet man bei „Deutsche-Nachnamen.de“ zwar nicht, dafür aber den Namen „Werder“. Da „olt“ für „alt“ steht, bleibt für die Suche nur

Werder: (...) Wohnstättenname zu mittelhochdeutsch werder (Insel), zu mittelniederdeutsch werder (Werder, Insel, Halbinsel) 

mnd_o (koeblergerhard.de) o = olt = alt, bejahrt, von hohen Lebensjahren seiend

mnd_w (koeblergerhard.de) w = Werde(r) = von  wērdær = Wärter, Wächter oder von wērder = Werder, Insel, Halbinsel, Wörth

›werder‹ in: Deutsches Wörterbuch (¹DWB) | DWDS unter 3. Werder = Damm, wehr (bei einer Mühle)

Werder, der - Zeno.org eine Insel in einem Fluss, Wurth

Werder - Zeno.org Insel im Fluss aber auch urbar gemachte Sumpfgegend

Der "alte Werder" könnte also jemand gewesen sein, der hier an der Kleinen Oertze ein sumpfiges Gebiet urbar gemacht hat. Oltwerdes gehörte wahrscheinlich der Hof 3 (heute Gut Orla).

Die Bezeichnungen „Werder“ und „Wichtendal“ findet man auch in alten Grenzbeschreibungen, die sich auf ein Gebiet zwischen Schmarbeck und Trauen bzw. bei Töpingen beziehen und somit auch einen lokalen Bezug haben könnten. Auf diese Grenzbeschreibungen komme ich weiter unten noch zurück. 

Wie bereits erwähnt, waren die Höfe in Orle unterschiedlichen Stellen gegenüber schatzpflichtig. Während die Höfe von (Vater) „Reder“ und von „Titeke“ dem Verwalter des Sondergutes  (in deme Sunderghude) in der Vogtei Bienenbüttel (Vogedie to Bynenbuttell) abgabepflichtig waren, mussten die Höfe von (Sohn) „Ludeke Reders“, „Hilmer wichtendalsz“ und „Hilmer oltwerdes“ ihre Steuern an den Goh Ebstorf (Ebbekestorppe) entrichten. 

Dagegen gehörte einer der beiden Höfe in Kohlenbissen (Coldenbispinge) zur Vogtei Amelinghausen. Als Besitzer eingetragen ist „Henneke“ mit ½ pl. (Plog) dt. 10 ß = 10 Schillinge). Hinzugefügt wurde außerdem: „quia pauper“ was übersetzt „weil er arm ist“ heißt. Henneke leitet sich von Heinrich ab und war zu dieser Zeit ein weit verbreiteter Vorname. Im Schatzregister findet man diesem Namen laut Theodor Meyer insgesamt 362 Mal, in den Schreibweisen „Henneke“ oder „Hennecke“. Damit ist er mit großen Abstand der häufigste darin vorkommende Vorname. Später wurde daraus eher ein Nachname und wurde als Vorname seltener verwendet. 

Zur Vogtei Amelinghausen (Vogedie Amelinghusen), die ab der Buchseite 12 (online 16) beschrieben wird, gehörten unter anderem auch die Höfe in Munster, Trauen und Kreutzen. Auffällig ist, dass der Name dieser Vogtei im Schatzregister den Zusatz trägt: „In der Vogedie to Amelinghusen uppe der Tecche“. Die Bezeichnung „uppe der Tecche“ folgt auf der Seite 15 (19) noch einmal gesondert. Die Bedeutung dieses Zusatzes erklärt Freiherr von Hammerstein-Loxten auf Seite 95 seines Buches „Der Bardengau“ damit, dass die Vogtei Amelinghausen von Lüneburg aus verwaltet wurde. Diese Verwaltung hatte ihren Sitz in der Straße „Auf der Techt“, was damals „uppe der Tecche“ genannt wurde. Diese Straße, in der viele alte Häuser erhalten geblieben sind, heißt heute „In der Techt“.

Quellen: Google Books: Hammerstein-Loxten – Der Bardengau

            Uppe der Teche im Der Bardengau - Google Books

Jahrbuch des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung 1880:

Jahrbuch des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung - Google Books

Wikipedia: Liste der Baudenkmale in Lüneburg – In der Techt:

Liste der Baudenkmale in Lüneburg – In der Techt – Wikipedia 

Aufgrund der im Winsener Schatzregister angegebenen Einteilung der Steuerzugehörigkeit von zwei Höfen nach Winsen = Bienenbüttel/Sondergut und drei Höfen nach Ebstorf können die angegebenen Namen der Besitzer folgenden Höfen zugeordnet werden, wobei diese Zuordnung nicht hundertprozentig gesichert ist. Aber anhand der späteren Register und Archivalien bekommt diese erste Einteilung immer mehr Bestätigung.

Im Jahre 1450 wohnten

  • Hilmer Wichtendahls im Hof 1 (Halbhof) - heute Ecke Im Westerfeld / Zur Kleinen Oertze

  • Titeke im Hof 2 (Viertelhof - 1450 eine kleine Kate - heute Unter den Buchen

  • Hilmer Oltwerdes im Hof 3 (Halbhof) - heute Gut Orla

  • Reder im Hof 4 (Vollhof) - heute ehemalige Waldklinik

  • Ludeke Reders im Hof 5 (Vollhof) - heute im Forstweg.

 

Wenden wir uns nun den nächsten Registern zu.